1. Vorbereitung
Bereiten Sie Ihr Klimaanpassungskonzept gezielt vor. Durch eine gute Vorarbeit können Sie einen geeigneten Rahmen für den weiteren Prozess schaffen und die externen Kosten reduzieren.
Legen Sie eine Projektstruktur und Verantwortlichkeiten fest.
Vor der Erstellung eines städtebaulichen Klimaanpassungskonzepts ist es wichtig, zunächst die Projektstruktur und die Verantwortlichkeiten festzulegen. Dazu gehört auch eine Planung der benötigten personellen und finanziellen Ressourcen. So stellen Sie eine effektive und koordinierte Umsetzung der Maßnahmen sicher.
- Legen Sie fest, bei wem die Zuständigkeit für das Thema Klimaanpassung liegen soll. Da es sich vornehmlich um ein städtebauliches Anpassungskonzept handelt, sollten die Zuständigen über die notwendigen Kompetenzen im Bereich des Städtebaus und der Siedlungsentwicklung verfügen.
- Der zuständigen Stelle sollte ein ausreichendes Zeitbudget zur Verfügung stehen, um den Planungsprozess und die spätere Umsetzung zu betreuen. Gegebenenfalls müssen hierfür Aufgaben innerhalb des Amts auf andere Personen übertragen oder zeitlich verschoben werden.
- Da Klimaanpassung eine Querschnittsaufgabe ist, sollte die zuständige Stelle über Erfahrung in der ämterübergreifenden Zusammenarbeit und kommunikative Kompetenzen verfügen.
- Stellen Sie die benötigten Gelder für die Beauftragung eines externen Fachbüros in den Haushalt ein.
- Recherchieren Sie nach möglichen Fördermitteln für die Erarbeitung des Konzeptes. Diese Übersicht zu Förderangeboten helfen Ihnen dabei.
"Die Gesamtkoordination, das Organisatorische und die Bürgerbeteiligung lagen im Amt für Nachhaltigkeit. Inhaltlicher Input kam hauptsächlich aus dem Stadtplanungsamt. Ich fand es sehr vorteilhaft, dass wir dadurch zwei unterschiedliche Blickwinkel auf den doch sehr komplexen Prozess hatten."
Ralf Mützel, Amt für Nachhaltigkeit
"Die ämterübergreifende Zusammenarbeit in Neumarkt hat den großen Vorteil, dass wir die vorhandene Fachkompetenz in unterschiedlichen Bereichen für die Erstellung unseres Klimaanpassungskonzeptes nutzen können."
Lena Wächter, Stadtplanungsamt
“Wir haben das Projekt als Werkzeug für das Stadtplanungsamt gesehen. Wir wollten Werkzeuge bekommen, um unsere Stadtplanung zu verbessern und auf den Klimabereich intensiver eingehen zu können. Deswegen liegt die Federführung für die Klimaanpassung im Städtebau beim Stadtplanungsamt.”
Peter Schwartzkopff, Stadtplanungsamt
“Wir wollten ein umfassendes Konzept erstellen und neben dem Städtebau auch andere Bereiche einbeziehen. Deswegen habe ich als Klimaschutzmanagerin im Umweltamt die Federführung übernommen.”
Maria Kasperczyk, Amt für Umwelt-, Klima- und Naturschutz
Klären Sie, welche Auswirkungen des Klimawandels für Ihre Gemeinde besonders relevant sind, und stellen Sie die vorhandenen Datengrundlagen zusammen.
Der Klimawandel kann sich lokal sehr unterschiedlich auswirken. Für Siedlungsgebiete ist vor allem die zunehmende Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse von großer Bedeutung. Als häufigste Probleme sind Hitze, Trockenheit, Starkregen und Sturzfluten zu erwarten. Welche Auswirkungen für eine Gemeinde von besonderer Relevanz sind, hängt von den lokalen klimatischen Faktoren ebenso ab wie von der geografischen Lage, der Art und Dichte der Bebauung, der Vegetationsart und -dichte sowie der Infrastruktur. Daher ist es entscheidend, dass jede Kommune ihre spezifischen klimatischen Herausforderungen identifiziert. Im Zuge der Vorbereitung ist lediglich eine grobe Einschätzung der Klimaauswirkungen nötig, um daraus Ziele für das städtebauliche Klimaanpassungskonzept ableiten zu können.
Eine genauere, räumliche Analyse der klimatischen Auswirkungen findet in der Bestands- und Bedarfsanalyse statt. Für eine solche Analyse werden Gelände-, Landnutzungs- und Sozialdaten der Gemeinde benötigt, die von der Gemeinde bereitgestellt werden müssen. In der Regel liegen viele dieser Daten in den jeweils zuständigen Ämtern vor. Zudem stellt die Bayerische Vermessungsverwaltung kostenlose Geodaten zur Verfügung. Eine sorgfältig erstellte und umfassende Datengrundlage kann in der weiteren Bearbeitung Kosten durch externe Auftragnehmer ersparen.
- Nutzen Sie die vorhandenen Datengrundlagen und Beratungsangebote, wie das Klimatool im Bayerischen Klimainformationssystem, die landesweite Schutzgutkarte Klima/Luft, die Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzflut, die regionalen Klima-Steckbriefe des Bayerischen Landesamts für Umwelt sowie den Hochwasser-Check der Wasserwirtschaftsämter, um einen Überblick über die relevanten Auswirkungen des Klimawandels für Ihre Gemeinde zu bekommen.
- Recherchieren Sie, welche Extremwetterereignisse in den letzten Jahren in der Gemeinde bzw. in der Region aufgetreten sind und welche Folgen dies hatte.
- Stellen Sie zusammen, ob besondere Risikofaktoren vorliegen, wie die Lage an einem Fluss, eine besondere topografische Situation (z. B. Talkessel) oder eine besondere Bebauung (z. B. eng bebauter Altstadtkern).
- Dokumentieren Sie die Ergebnisse, um sie auch für die Kommunikation mit Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit nutzen zu können.
- Formulieren Sie daraus einen Entwurf für erste Ziele und Schwerpunkte des städtebaulichen Klimaanpassungskonzepts.
- Prüfen Sie, welche Gelände-, Landnutzungs- und Sozialdaten in Ihrer Gemeinde vorliegen.
- Beginnen Sie rechtzeitig, die Daten zusammenzutragen. Die Datenbereitstellung kann einige Zeit in Anspruch nehmen und den Arbeitsprozess unter Umständen unnötig verzögern.
Checkliste Datengrundlagen
- Digitales Geländemodell (DGM, Daten aus ATKIS (Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem)
- Digitales Oberflächenmodell (DOM, aus Laserscan LOD 0 oder LOD 1)
- Digitales Landschaftsmodell (ATKIS-Basis DLM
- Katasterdaten aus ALKIS (Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem)
- Georeferenzierte Luftbilder
- Digitale Orthofotos
- Baumkataster
- Versiegelungsinformationen
- Städtisches Grünvolumen
- Bodeninformationen (Bodenarten in Oberböden)
- 3D-Gebäudemodell LoD 1 oder 2 (Level of Detail 1 oder 2)
- Strömungshindernisse (Lärmschutz, Bahndämme, Wälle)
- Einwohner nach demographischen Strukturmerkmalen
- Hitzeempfindliche Nutzungen (Lage und Art)
- Flächennutzungspläne
- Entwicklungsflächen
- Überschwemmungsgebiete
- Klimatool im Bayerischen Klimainformationssystem
- Schutzgutkarte Klima/Luft
- Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzflut
"Wir hatten bereits vorab viele Daten vorbereitet, aber meist kommen während der Analysephase noch weitere Anfragen hinzu, wie zum Beispiel zu bestimmten Einwohnerdaten. Wir konnten die Daten relativ zügig bereitstellen, da die Daten bei uns im System abrufbar sind."
Andrea Brandl, Stadtplanungsamt
Stellen Sie die relevanten Entwicklungsziele Ihrer Gemeinde zusammen.
Damit das städtebauliche Klimaanpassungskonzept anschlussfähig an bestehende Entwicklungsziele und zukünftige Entwicklungen Ihrer Gemeinde ist, sollten diese zu Beginn des Prozesses zusammengetragen werden. Dies können beispielsweise ein vorhandenes Leitbild zum Klimaschutz oder zur Nachhaltigkeit, ein integriertes Stadtentwicklungskonzept, eine Neuaufstellung des Flächennutzungs- oder Landschaftsplans, in Planung befindliche städtebauliche Entwicklungen oder Sanierungen sein. Die Übersicht hilft, Schnittstellen zum Klimaanpassungskonzept zu finden und die Anforderungen genauer zu definieren.
- Stellen Sie die wichtigen Ziele und zukünftigen Planungen im Bereich der Siedlungsentwicklung zusammen.
- Definieren Sie, welche Schnittstellen es jeweils zur Klimaanpassung gibt und was das Klimaanpassungskonzept beitragen kann.
- Ergänzen Sie bei Bedarf die bereits formulierten Ziele und Schwerpunkte für das Konzept und definieren Sie, welche Produkte und Ergebnisse Sie erwarten.
"Wir haben gerade den Flächennutzungsplan neu in der Aufstellung und haben festgestellt: Ohne Klimaanpassungsthemen braucht man den gar nicht bearbeiten. Dazu gehören Fragen, wie Hitze-Hotspots oder Kaltluftströme sowie eine Starkregenthematik, die wir auch immer gesehen haben aufgrund unserer topographischen Lage."
Klaus Busch, Stadtplanungsamt
Prüfen Sie, ob eine interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll ist.
Es kann sinnvoll sein, das Klimaanpassungskonzept in interkommunaler Zusammenarbeit zu erstellen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn benachbarte Gemeinden vor ähnlichen klimatischen Herausforderungen stehen und gemeinsame Ressourcen und Infrastrukturen nutzen. Durch die Zusammenarbeit können Kosten geteilt, Ressourcen effizienter genutzt und mehr politische Unterstützung sowie finanzielle Mittel mobilisiert werden. Darüber hinaus ermöglicht der Austausch von Wissen und guten Praktiken eine effektivere Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen.
- Erkundigen Sie sich innerhalb Ihrer regionalen Kommunikationsstrukturen nach dem Bedarf für ein Klimaanpassungskonzept und ob ggf. ein gemeinsames Vorgehen zielführend sein könnte.
Aus der Praxis
Klimaanpassungskonzept für den Landkreis Ostallgäu und die Stadt Kaufbeuren
Der Landkreis Ostallgäu hat gemeinsam mit der Stadt Kaufbeuren ein kommunenübergreifendes Klimaanpassungskonzept erarbeitet. Im Rahmen der Konzepterstellung wurden alle Handlungsfelder der Bayerischen Klimaanpassungsstrategie betrachtet und die für die Region relevanten vertiefend behandelt.
Interkommunales Klimaschutzteilkonzept zur Klimaanpassung in der Region Rhein-Voreifel
Bereits im Jahr 2012 haben die sechs Kommunen der Klimaregion Rhein-Voreifel ein Integriertes Klimaschutzkonzept für die Region erarbeitet. Die vorausschauende und strategische Anpassung an den Klimawandel war jedoch kein Bestandteil des damaligen Konzeptes, weshalb die Region Rhein-Voreifel zehn Jahre später ein Interkommunales Klimaschutzteilkonzept zur Anpassung an den Klimawandel für die Region erstellen hat lassen. Zu diesem Zweck haben die sechs Kommunen auch einen Interkommunalen Klimafolgenbeirat gebildet
Stimmen Sie Fördermöglichkeiten der Konzepterstellung frühzeitig ab.
Klimaanpassung wird durch verschiedene Programme auf Landes- und Bundesebene gefördert, sowohl im Rahmen der Konzepterstellung als auch in der Umsetzung. Prüfen Sie rechtzeitig die Fördermöglichkeiten für die Erstellung des städtebaulichen Klimaanpassungskonzepts und klären Sie die inhaltlichen Anforderungen mit den Fördergebern.
- Nutzen Sie die Hinweise unter Förderangebote, um passende Fördermöglichkeiten zu finden.
- Wenden Sie sich an die fachlichen Beratungen der Fördergeber, um die inhaltlichen Anforderungen rechtzeitig zu klären.
Identifizieren Sie die relevanten Akteure und beziehen Sie diese von Anfang an in den Prozess ein.
Für die Erstellung und Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts ist es wichtig, die Unterstützung durch die kommunale Politik sowie relevante Fachakteure zu gewinnen. Ein klares Bekenntnis der kommunalpolitischen Akteure zur Klimaanpassung ist von großer Bedeutung, um die nötige Akzeptanz in der Gemeinde herzustellen. Ein erster Schritt ist daher die Herbeiführung eines Beschlusses zur Erstellung eines städtebaulichen Klimaanpassungskonzepts.
Da Klimaanpassung ein Querschnittsthema ist und städtebauliche Maßnahmen häufig viele unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche betreffen, sollten zudem die jeweiligen Ämter einbezogen werden. Jedes Amt verfügt über spezifisches Fachwissen und individuelle Erfahrungen. Dieses Wissen sollte frühzeitig zusammengetragen werden, um ein umsetzungsorientiertes Konzept zu entwickeln und einen gemeinsamen Lernprozess anzustoßen. Hinweise zur Gestaltung der Zusammenarbeit finden Sie unter Kapitel 5: Beteiligung und Kommunikation.
- Sammeln Sie Argumente, um einen politischen Beschluss für ein städtebauliches Klimaanpassungskonzept herbeizuführen. Nutzen Sie dafür die Guten Gründe und die Informationen zum städtebaulichen Klimaanpassungskonzept als Instrument für Politik und Verwaltung sowie Gelegenheitsfenster, um auf die Notwendigkeit zur Klimaanpassung hinzuweisen, beispielsweise nach Starkregenereignissen, die zu Überschwemmungen geführt haben.
- Identifizieren Sie die Fachakteure, die in Ihrer Gemeinde innerhalb und außerhalb der Verwaltung für die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen mit Klimaanpassungsbezug wichtig sind.
- Führen Sie Gespräche mit allen Akteuren, um sie frühzeitig in den Prozess einzubeziehen. Fragen Sie nach Bedarfen, möglichen Beiträgen und welche Form der Zusammenarbeit gewünscht ist.
Optionaler Arbeitsschritt
- Verteilen Sie einen Fragebogen innerhalb der Gemeindeverwaltung. Fragen Sie, wie die anderen Ämter von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, welche Auswirkungen sie zukünftig erwarten, welche langfristigen Prozesse und Planungen gerade anstehen und ob sie bereits Maßnahmen umgesetzt haben, die zur Hitze-, Starkregen- oder Hochwasservorsorge beitragen. Eine solche Umfrage dient auch gleichzeitig der Sensibilisierung und hilft dabei, wichtige Akteure zu identifizieren.
Wichtige Akteure und ihre Beiträge
Bauamt / Stadtplanungsamt: Städtebauliche Planung und Bauordnung
- Beitrag: Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen sowie integrierten Stadtentwicklungskonzepten, Berücksichtigung von Bauvorschriften zur Klimaanpassung
Umweltamt: Umwelt-, Natur- und Klimaschutz
- Beitrag: Bereitstellung von Umwelt- und Klimadaten, Koordinierung der Zusammenarbeit und Umsetzung von Maßnahmen
Tiefbauamt: Bau und Instandhaltung der kommunalen Infrastruktur
- Beitrag: Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten wie Hochwasserschutzmaßnahmen, Regenwasserbewirtschaftung und Straßenbau
Grünflächenamt: Verwaltung und Pflege öffentlicher Grünflächen und Parks
- Beitrag: Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Begrünung städtischer Bereiche, Schaffung von Kühlzonen und Renaturierungsprojekten
Gesundheitsamt: Schutz und Förderung der öffentlichen Gesundheit
- Beitrag: Identifikation gesundheitlicher Risiken durch den Klimawandel, Entwicklung von Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen (z. B. kommunale Hitzeaktionspläne)
Weitere Akteure, die nach Bedarf hinzugezogen werden sollten
- Wasserwirtschaftsamt: Hochwasserschutz, Gewässerentwicklung, Wasserversorgung und -entsorgung
- Liegenschaftsamt: Verwaltung kommunaler Grundstücke
- Wirtschaftsförderung: Förderung der lokalen Wirtschaft
- Wohnungsbaugesellschaften: Bereitstellung und Verwaltung von Wohnraum
- Ver- und Entsorgungsunternehmen: Bereitstellung von Energie, Wasser und Abfallentsorgung
- Katastrophenschutz und Feuerwehr: Schutz der Bevölkerung vor Gefahren und Katastrophen
- Verkehrsunternehmen: Bereitstellung öffentlicher Verkehrsdienstleistungen
- Bildungseinrichtungen und Schulen: Bildung und Sensibilisierung der Bevölkerung
- Sozialamt: Unterstützung sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen
- Nichtregierungsorganisationen: lokales Wissen und Mobilisierung der Bevölkerung